Faust
„Faust“ von Johann Wolfgang Goethe, inszeniert von Martin Kušej, Residenztheater München
Jurybegründung
Lange hat es gedauert, bis sich Martin Kušej den Klassiker aller Klassiker, Goethes Faust, vorgenommen hat, dafür ist es jetzt am Residenztheater in München umso radikaler ausgefallen. In seiner Schnittmenge aus Faust I und II wird bedingungslos Schluss gemacht mit dem metaphysischen Rahmen des Dramas: Es gibt keinen Gott, keine Wette um die Seele und kein „Habe nun ach Philosophie ...“. Werner Wölbern als Faust ist kein verstaubter Gelehrter im Turmzimmer, sondern ein heutiger Biedermann in der Sinnkrise, der von seinem gesättigten Konsumstandard aus noch einmal den ultimativen Kick erleben möchte. Dieser Anti-Faust wird von Kušej in eine kalte, kaputte, düstere Welt des Chaos und des Untergangs geschickt. Er muss erfahren, dass die Welt im Innersten nur noch von Verlorenen, Irren, Drogensüchtigen, Sexorgien, Terroristen, Huren und Gangstern im Nadelstreif zusammengehalten wird. Kušej zeigt auch mit aller Gnadenlosigkeit, dass Fausts Gier nach Leben in mehrfachen Mord mündet: Philemon und Baucis, die Mutter, der Bruder und besonders grausam das unschuldige Gretchen. (Lothar Lohs)
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