Leonie Böhm
Nominierung 2025 | Beste Regie
Leonie Böhm fur „Fräulein Else“ frei nach Arthur Schnitzler von Leonie Böhm und Julia Riedler, Uraufführung, Volkstheater
Nicht alle Tage reißt einen ein Abend so derart vom Hocker wie „Fräulein Else“ am Volkstheater. Hundert Jahre nach ihrer Entstehung zäumen Regisseurin Leonie Böhm und Schauspielerin Julia Riedler die gleichnamige Novelle von Arthur Schnitzler als Solo neu auf. Die junge Titelheldin, die von ihren Eltern zur Prostitution vorgeschickt wird – sie soll vom reichen Kunsthändler Dorsday 30.000 Gulden „erfragen“ –, wird in dieser Inszenierung zur gegenwärtigen Erzählerin, die sich in eine frappierende Zwiesprache mit dem Publikum begibt. Riedlers Performance ist eine Wucht und diese hat Leonie Böhm in einer wagemutigen Regie freigesetzt. Sie rückt in improvisierten Interaktionen mit dem Publikum maximal nahe an dieses heran und integriert dieses in das MeToo-Setting beispielhaft – als Mitwissende, Expertinnen, Achselzucker oder Duldende. Böhms und Riedlers fulminante Leistungen – sie sind kaum voneinander zu trennen – fußen auf einer mehrjährigen Arbeitsbeziehung. Vollstes Vertrauen? So sieht es aus.
Margarte Affenzeller